Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

24.03.2019, 08:00 Uhr

Im April soll's losgehen mit dem Gesetzgebungsverfahren für eine Apothekenreform – aber da gibt's noch einige Fragen! (Foto. Andi Dalferth)

Im April soll's losgehen mit dem Gesetzgebungsverfahren für eine Apothekenreform – aber da gibt's noch einige Fragen! (Foto. Andi Dalferth)


19. März 2019 

In die Reform des Apothekenmarkts kommt Bewegung. Das Bundesgesundheitsministerium hat ein neues Eckpunkte-Papier vorgelegt. Das Ministerium hat sich vom strikten Rx-Boni-Verbot für EU-Versender verabschiedet – auch auf Druck der EU-Kommission, die das für nicht kompatibel mit dem EuGH-Urteil hält. Ein Rx-Boni-Verbot soll stattdessen für alle Marktteilnehmer gelten und nicht im Arzneimittelgesetz verankert sein, sondern im SGB V festgehalten werden. Das Bundesgesundheitsministerium geht dann davon aus, dass so die Regelungen für den einheitlichen Apothekenabgabepreis erhalten bleiben. Das bedeutet, die Einhaltung der Arzneimittelpreisverordnung muss Teil des Rahmenvertrages zwischen Kassen und Apothekern werden – und daran müssten sich dann auch die EU-Versender halten, ansonsten gibt’s Sanktionen, sagt das BMG. Wie die aussehen? Dazu steht nichts im Papier. Mein liebes Tagebuch, wenn man auf diesem Weg die Gleichpreisigkeit erhalten will, funktioniert es nur dann, wenn es den Kassen ausdrücklich verboten ist, Selektivverträge mit Versendern abzuschließen, in denen „abweichende Preise“ geregelt werden. Und Versicherte dürfen nicht durch Krankenkassen begünstigt werden, wenn sie bei EU-Versendern bestellen. Und die Kassen dürfen die Versicherten auch nicht in Richtung EU-Versender beeinflussen. Das BMG hat das erkannt und ebenfalls im Eckpunkte-Papier festgehalten: Die freie Apothekenwahl soll erhalten bleiben, es darf auch kein Makeln von E-Rezepten vorgenommen werden und keine Absprache zwischen Ärzten, Apothekern und EU-Versender geben. Also, mein liebes Tagebuch, so könnte es möglicherweise laufen. Was sich auch positiv im neuen Eckpunkte-Papier anfühlt: Das BMG plant, die Anforderungen an den Botendienst und an den Versandhandel anzugleichen. Das bedeutet konkret: Die Beratung im Botendienst soll „verpflichtend angeboten“ werden. Und die Beratung soll auch ohne „unmittelbaren persönlichen“ Kontakt möglich sein. Damit will das BMG den Apothekern den Weg in die Telepharmazie eröffnen. Mein liebes Tagebuch, nur so kann’s gehen, wenn wir überhaupt eine Chance gegen den Versandhandel haben wollen. Ach, noch was: Die Temperaturkontrolle soll bei der Auslieferung von Arzneimitteln verpflichtend vorgeschrieben werden, im Versandhandel und im Botendienst. Jawoll, gleichlange Spieße für alle. 

Das neue Eckpunkte-Papier enthält allerdings auch zwei gewaltige Dämpfer: Weniger Geld als zunächst angekündigt für die Notdienstpauschale (nur noch ein Plus von 38 Mio. Euro statt 120 Mio. Euro) und weniger Geld für pharmazeutische Dienstleistungen: statt 240 Mio. Euro nur noch rund 105 Mio. Euro. Mein liebes Tagebuch, man muss das ganz nüchtern sehen: Mit einer Anpassung unseres Apothekenhonorars, unseres Einkommens hat das alles rein gar nichts zu tun. Außer der kleinen Erhöhung des Notdienstfonds bringt uns die Apothekerreform letztlich so gut wie kein Honorarplus. Denn für die Dienstleistungen müssen wir neue Leistungen anbieten – und das hängt dann wieder von den Krankenkassen ab, ob und wieviel sie uns dafür bezahlen. Mit einer solchen Reform wäre uns nur eines sicher sein: keine Neiddebatte – denn zu beneiden gibt es hier rein gar nichts.


Und was sagt unsere ABDA dazu? Die Absicht des BMG, den einheitlichen Abgabepreis herzustellen, die Patientenrechte durch den Erhalt der freien Apothekenwahl zu stärken und die Möglichkeit honorierte pharmazeutische Dienstleistungen anbieten zu können sind o.k., aber ganz klar: Das Honorarangebot des BMG reicht nicht aus. Es wird nicht möglich sein, mit der vorgesehenen Summe die pharmazeutischen Dienstleistungen flächendeckend zu erbringen. Außerdem sei die gesetzgeberische Umsetzung dieser Eckpunkte „anspruchsvoll“. Mein liebes Tagebuch, dem ist nichts hinzuzufügen. Warten wir ab, ob und wie sich die Eckpunkte zu einem Gesetz verdichten und was die SPD dazu sagt. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


5 Kommentare

Zu „SEEHOFOmat“ kamen 10.000 nach Bonn ...

von Christian Timme am 24.03.2019 um 11:27 Uhr

unter Mitwirkung der Standesorganisationen. Was ist aus „diesem Laden“ geworden?. Die damalige Bezeichnung „Schubladenzieher“ klingt heute fast wie ein Adelstitel. Wenn der „Rezeptscanner“ erst mal den weißen Kittel trägt und der Kommissionierautomat den Botendienst organisiert ... braucht es auch keinen Apotheker mehr ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Zu „SEEHOFOmat“ kamen 10.000 nach

von Christiane Patzelt am 24.03.2019 um 14:47 Uhr

Ich liebe ja so Kommentare-nicht!
Wer den Apotheker auf den Logistiker reduziert, der kommt zu Ihrer Schlußfolgerung!
Schieben Sie mal die Tastatur beiseite, gehen mal an die frische Luft und besuchen auch mal wieder ne ( gut geführte ) Offizin! Und glauben Sie es oder nicht, ständiger Widerstand macht müde—ich denk mir oft, die Politik will nur miese Versorgung bezahlen, dann soll das so sein! Wir geben hier alle viel Lebenszeit und Engagement drauf, damit der Patient nicht merkt, wie beklemmend beschissen die Situation in den Apotheken ist, vielleicht ist das ein Fehler! Vielleicht....
Jedenfalls sind Ihre Bemerkungen nicht hilfreich, Kloppe kriegen wir da draußen schon genug!

AW: Zu „SEEHOFOmat“ kamen 10.000 nach ...

von Christian Timme am 24.03.2019 um 16:16 Uhr

Sehr geehrte Frau Patzelt, im Grunde genommen sind Sie aus dem richtigen Schrot und Korn gemacht um dieser anspruchsvollen Aufgabe in der Apotheke gewachsen zu sein. Resignation ist sicher in diesem Umfeld angebracht, nur leider keine Lösung. Denn es gibt immer zwei Lösungen, die der Gegner und die der Apotheken. Ich habe mich1986 für die Apotheken entschieden, auch weil ich Persönlichkeiten kennenlernen durfte, an deren Seite es lohnte für Ihre Aufgabe zu kämpfen. Diese Persönlichkeiten, die damals übrigens heftigst aus den eigenen Reihen kritisiert wurden, gibt es nicht mehr. Mehr als eine Dekade ist vergangen und dieser ehemals stolze Berufsstand wurde entkernt ... und viele haben nur zugesehen und die ersten Klagelieder angestimmt. Dies ist das aktuelle Ergebnis der eigenen Standespolitik und derer die dafür auch noch gezahlt haben ... das zum Thema Logistik.

Demonstrationen!

von Gunnar Müller, Detmold am 24.03.2019 um 10:40 Uhr

Demonstrationen haben was. Denn sie setzen äußerlich das um, was die Demonstrierenden im Inneren empfinden. Und die eigentlich Verantwortlichen (Politiker aber auch: Standespolitiker!) nicht oder nur unzulänglich aufnehmen und umsetzen.
Demonstrationen kommen vielfach zu früh, am falschen Tag, bei zu schönem oder zu schlechtem Wetter oder werden von den falschen (?) Leuten organisiert oder mit unpassenden Themen besetzt.
Im besten Fall nimmt die Fachpresse sie auf. Dann freut Euch! Vielfach möchte JEDE exklusiv darüber berichten, denn das schafft Zugriffe - und erhöht die Werbeeinnahmen ... Schade eigentlich. Sind es manche Themen nicht auch so wert, darüber zu berichten? Mal abgesehen vom selbst auferlegten Pressekodex, den man so oder so auslegen kann ...
Meist (und vor allem bei den Apothekern) kommt es zu solchen Demonstrationen aber gar nicht. (Schade eigentlich)
Oder sie kommen schlicht zu spät, wie wieder einmal die von Gabriele Regina Overwiening, die gestern - und damit leider sieben Jahre zu spät! – das Bild der Zitrone bemühte, um die gegenwärtige (?) Situation der Apothekerschaft zu beschreiben, die man nur einmal auspressen kann (Chris Patzelt und die Teilnehmer an der letzten Apotheker – Demo 2012 vor dem Bundesratsgebäude dürften wissen, wovon ich spreche…).
Ich wünsche deshalb der heutigen Demo in Berlin (DAZ online berichtete tatsächlich darüber) von ganzem Herzen viel Erfolg, einen guten Verlauf - und viele Teilnehmer von der Apothekerbasis!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Demonstrationen

von Christiane Patzelt am 24.03.2019 um 14:52 Uhr

Ja, Gunnar- 7 Jahre später...die Zitronen hab ich heute nicht dabei, aber das immer noch nagende Gefühl, von der Standesvertretung allein gelassen zu sein! Demo-Schilder tragen ist halt nur was für den Plebs! Mögen den ABDA-Granden die Sahneteilchen heut ordentlich im Magen liegen bleiben...

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.