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Management
Filiale im Fokus
Teil 13: Verhandeln lohnt sich
Bevor ein Filialleiter eine neue Stelle antritt, hat er die erste umfangreiche Verhandlung schon hinter sich: das Aushandeln seines eigenen Arbeitsvertrags. Und Verhandeln bleibt weiterhin ein zentraler Teil seines Aufgabenbereiches. Konditionen bei Direktlieferungen, Belohnungen für gute Teamleistungen oder eine optimale personelle Besetzung – all das erfordert Verhandlungsgeschick. Zumal die Interessen im Unternehmen sehr unterschiedlich sind. Es gibt diverse Bücher und Artikel, die sich mit Verhandlungsstrategien beschäftigen. Als Filialleiter oder Inhaber einer Apotheke gilt es jedoch, einige Besonderheiten zu beachten.
Verhandeln ist wichtig
Viele Menschen empfinden Verhandlungssituationen als unangenehm. Deswegen werden Anliegen oft lediglich in wenigen Sätzen vorgetragen, um dann auf das „Urteil“ des Entscheiders zu warten. Meist haben sie Angst vor den Konsequenzen und nehmen sich daher zurück. Wer sich allerdings ins Schicksal ergibt, verpasst es, sein eigenes Wissen und seine Erfahrung zur Verfügung zu stellen. Eine Verhandlung ist ein wichtiger, konstruktiver Prozess und kann neue Lösungswege schaffen. Ein Beispiel: Als Filialleiter möchten Sie gerne Ihre PKA zu einem Verhandlungstraining schicken, um beim Direkteinkauf bessere Ergebnisse zu erzielen. Die Seminare, die Sie auf die Schnelle finden, sind teurer als gewöhnlich und umfassen zwei Arbeitstage. Vermutlich wird der Inhaber diesen Vorschlag mit der Begründung ablehnen, dass der Preis des Seminars in keinem Verhältnis zu dem zu erwartenden Gewinn steht. Ein plausibles Veto. Verhandeln Sie trotzdem?
Immer mit der Ruhe
Vor Verhandlungen gibt es meistens eine Reihe von Befürchtungen. Ein bewusster Umgang damit lohnt sich. Denn Verhandlungen finden im optimalen Fall auf Augenhöhe statt. Wenn Sie ruhig und ohne Angst in eine Verhandlung gehen, werden Sie die besten Ergebnisse erzielen.
In unserem Beispiel haben Sie als Filialleiter vielleicht die Sorge, dass der Inhaber gereizt reagiert oder Ihnen unwirtschaftliches Denken vorwirft. Am besten fragen Sie sich im Vorfeld, was das Schlimmste wäre, was passieren kann, und wie Sie darauf reagieren können. Mit der Beantwortung dieser Fragen geht meistens ein großes Maß an Gelassenheit einher. Sie merken durch Ihr Gedankenspiel, dass der schlimmste Fall gar nicht so furchterregend ist und dem überschaubaren Risiko ein großer Nutzen gegenübersteht.
Gute Vorbereitung ist die halbe Miete
Wie groß dieser Nutzen tatsächlich ist, hängt natürlich vom Ergebnis ab. Wichtig dafür ist eine gute Vorbereitung. Mit zehn Fragen können Sie sich einen detaillierten Überblick über die Verhandlungsgrundlage verschaffen sowie wertvolle Argumente und mögliche Zugeständnisse erarbeiten.
1. Was ist der Gegenstand oder das Kernthema der Verhandlung?
2. Lohnt sich eine Verhandlung oder gibt es alternative Verhaltensweisen?
3. Welche Parteien betrifft diese Verhandlung?
4. Welche Prioritäten haben die einzelnen Parteien?
5. Welche wichtigen Argumente leiten sich daraus ab?
6. Welche heiklen Fragen könnten gestellt werden?
7. Welche Zugeständnisse könnten die einzelnen Seiten machen?
8. Welche Ergebnisse sind denkbar? Ist möglicherweise der Ist-Zustand besser als gedacht?
9. Welche Auswirkungen haben die unterschiedlichen Verhandlungsergebnisse vermutlich auf die einzelnen Parteien?
10. Welche Rahmenbedingungen, z. B. Zeit und Ort, sind günstig?
Wenn Sie im Auftrag verhandeln, besteht zudem die Möglichkeit, im Vorfeld eine oder mehrere beteilige Parteien zu befragen. In unserem Beispiel geht es um die Verbesserung des Direkteinkaufs in der Filiale. Die Qualifikation einer Mitarbeiterin ist eine mögliche Lösung. Die Einstellung der PKA können Sie also im Vorfeld abklären. Das Ergebnis: Sie ist sehr engagiert und erklärt sich bereit, das Seminar in ihrer Freizeit zu besuchen. Die möglichen Reaktionen des Inhabers durchdenken Sie ebenfalls. Um genug Ruhe für die Verhandlung zu haben, bitten Sie ihn um einen Termin.
Nutzen erläutern
Denken Sie in der Verhandlung daran, den Nutzen für den Gesprächspartner und/oder das Unternehmen herauszustellen. In unserem Fall erläutern Sie den finanziellen Nutzen sowie die positive Auswirkung auf die Motivation der Mitarbeiterin und erklären den Mehrwert einer Präsensveranstaltung. Eine derartige Argumentation kann zum Erfolg führen: Der Inhaber erklärt sich bereit, die Fortbildung zu bezahlen, vorausgesetzt, die Kollegin hält dafür eine interne Fortbildung in der Hauptapotheke, wo es ebenfalls Verbesserungspotenzial gibt.
Doch kalkulieren Sie ein, dass die an der Verhandlung beteiligten Parteien unter Umständen über Ergebnisse in Ruhe nachdenken müssen. Nicht jeder kann sich sofort entscheiden. Hier hängt es von der Absprache mit der PKA ab. In diesem anderen Kontext wird sie zum Entscheider. Ein Beispiel für das Wechselspiel zwischen Angebot und Gegenangebot, und dem damit verbundenen Wechsel der Rollen von Bittsteller zu Entscheider.
Gute Lösungen haben einen Mehrwert
Klar ist: Die besten Verhandlungen sind die, bei denen am Ende für alle Beteiligten ein Mehrwert entsteht. Der Schlüssel zum Erfolg sind Informationen. Diese können Sie sich während der Verhandlung durch Fragen und gutes Zuhören erarbeiten. Vergessen Sie jedoch reines Schwarz-Weiß-Denken. Es gibt nicht nur „Ja“ oder „Nein“, sondern viel dazwischen. Wenn beide Seiten nach neuen Lösungen und Alternativen suchen, ist schon viel gewonnen.
Respekt und gute Argumente
Eine entspannte Arbeitsatmosphäre unterstützt diesen Prozess. Doch diese zu wahren, ist nicht immer einfach. Vor allem in kontroversen, aufreibenden Verhandlungen kann es schnell zu Auseinandersetzungen kommen. Überkochende Emotionen bringen eine Verhandlung leicht zum Scheitern. Geht es heiß her, hilft eine Pause. Ein bisschen frische Luft und die Gedanken in Ruhe sortieren ist immer besser, als im Eifer des Gefechtes jemanden zu verletzen. Schließlich möchten Sie auch nach der Verhandlung mit Ihrem Gegenüber erfolgreich zusammenarbeiten.
Um bessere Ergebnisse in Einzelverhandlungen zu erzielen, empfehlen einige Berater aggressives Verhalten oder das Aufbauen von Druck als Taktik. Allerdings wirkt sich beides negativ auf die besonderen Arbeitsbeziehungen in der Apotheke aus. Eine Alternative bietet das Harvard-Konzept für sachbezogene Verhandlungen. Hierbei geht es darum, während der Verhandlung die Personen von ihren Interessen zu trennen. Das bedeutet: Seien Sie gut zu den Menschen und klar, was den Verhandlungsgegenstand angeht.
Nach der Verhandlung ist vor der Verhandlung
Stellen Sie nach einer Verhandlung, so anstrengend sie auch gewesen sein mag, die gemeinsame Lösung in den Vordergrund. Natürlich versucht jeder, das Optimum rauszuholen. Allerdings verbrennen nachträgliche Loblieder auf den eigenen Vorteil die Erde für die nächste Verhandlung. Wichtig ist: Jeder sollte den Verhandlungssaal erhobenen Hauptes verlassen und das sollte auch so bleiben.
Fazit
Eine Verhandlung kann der Beginn eines neuen Wegs sein: des Mittelwegs. Allerdings gehören mindestens zwei Seiten dazu. Egal, wie gut Sie vorbereitet sind, wenn der andere nicht verhandeln möchte, wird es schwierig. Das ist so. Die meisten Verhandlungspartner lassen sich jedoch darauf ein. Und denken Sie daran: „Jeder hat seinen Preis.“ Wer bereit ist, den zu zahlen, kommt auch zu einer Lösung. |
Bisher sind erschienen
- Teil 1: Erfolgreiche Zusammenarbeit durch eine eindeutige Stellenbeschreibung, AZ 2017, Nr. 19, S. 6
- Teil 2: Der Vertrag des Filialapothekers, AZ 2017, Nr. 21, S. 6
- Teil 3: Die Sandwich-Position des Filialleiters – Herausforderung und Chance, AZ 2017, Nr. 23, S. 6
- Teil 4: Rechtliche Positionierung des Filialleiters, AZ 2017, Nr. 25, S. 6
- Teil 5: Der Filialleiter als Coach, AZ 2017, Nr. 27, S. 6
- Teil 6: Der Filialleiter als Primus inter Pares, AZ 2017, Nr. 29, S. 6
- Teil 7: Gut vernetzt als Filialleiter, AZ 2017, Nr. 31, S. 6
- Teil 8: Leiter einer Filialapotheke = leitender Angestellter?, AZ 2017, Nr. 34-35, S. 6
- Teil 9: Selbstcoaching ist PRIMA, AZ 2017, Nr. 37, S. 6
- Teil 10: Haftungsrisiko Filialapothekenleitung? AZ 2017, Nr. 39, S. 6
- Teil 11: Mitarbeitermotivation – mit Geld nicht zu bezahlen, AZ 2017, Nr. 41, S. 6
- Teil 12: Reden wir über Geld, AZ 2017, Nr. 43, S. 6
1 Kommentar
Filiale im Fokus
von Andreas May am 06.11.2017 um 14:36 Uhr
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